Chronik einer verpassten Chance
Vor einem Jahr, am Freitag, 15.09., wurde der Internet Stellenmarkt der FAZ für alle Unternehmen geöffnet. Zuvor wurden ausschließlich die Stellenausschreibungen, die ebenfalls in der Presse abgedruckt worden waren, auf FAZjob.net veröffentlicht. Dieses Ereignis wurde von der deutschsprachigen Jobbörsenwelt mit Spannung erwartet, um dem etwas festgefahrenen (und ein wenig verlangweiligenden) Markt neues Leben einzuhauchen. Aber es kam alles anders. Hier eine kleine Zusammenfassung der Geschehnisse im Zeitraffer:
- Der erste große Fehler: Den Launch der Jobbörse auf einen Freitag zu legen. Das erscheint mir typisch für einen Stellenmarkt, der von einer Zeitung ausgeht. Denn wir wissen doch, dass am Wochenende so gut wie niemand auf Jobbörsen unterwegs ist.
- Der zweite große Fehler: Ein Einstiegsangebot für 475 Euro herauszuhauen, das es Unternehmen ermöglichte, während des ersten Monats nach dem FAZjob Start eine unbegrenzte Anzahl von Anzeigen zu posten. Das führte zum einen zu uneinhaltbaren Anzeigenveröffentlichungsterminen (einer unserer Kunden hat z.B. 5 Tage gewartet, bis seine Anzeigen korrekt online waren).
- Zum anderen war FAZjob durch dieses Super-Angebot sehr bald mit stattlichen 20.000 Ausschreibungen gefüllt. Darunter war vor allem eine sehr große Anzahl an Praktikantenstellen. (Bei dem eben verlinkten Post ist der Kommentar des ehemaligen Jobware Gründers und Geschäftsführers, Herrn Randolph Vollmer, sehr lesenswert). Für eine Jobbörse, die sich im gehobenen Fach- und Führungssegment sieht, war das Angebot also nicht sehr passend.
- Der dritte große Fehler oder eher ein Manko: Der fehlende Service: Sich ständig ändernde Ansprechpartner; ungenaue Benachrichtigungsmails “Ihre Anzeige ist nun online” (ohne anzugeben, um welche der zehn, die wir hingeschickt hatten, es sich handelte); nicht eingehaltene Rückrufversprechen; während einiger Monate kein Agenturteam
- Der gewünschte Zulauf und (vor allem) der Bewerberrücklauf blieb aus. Gemäß Aktors JobStats-Zugriffsstatistiken fielen die tatsächlichen Anzeigenaufrufe sehr mager aus.
- Die (nicht wirklich gerechtfertigte) Preiserhöhung um 200 Euro auf 675 Euro pro Anzeige zum 1. April 2007 (ich dachte zuerst, das wäre ein Aprilscherz).
Fazit: Nach einem Jahr hält heute kaum jemand FAZjob.net für einen ernstzunehmenden Wettbewerber am deutschen Jobbörsenmarkt. Schade eigentlich. War aber auch zu erwarten, denn die FAZ ist nun einmal eine große Zeitung, die ihre (Stellenanzeigen-) Einnahmen vor allem aus der Printversion einfährt.
Sehr guter Artikel, es ist angenehm zu lesen, wenn jemand auf Schwächen hinweist bzw. Wahrheiten ausspricht. Man sieht einmal mehr, dass Internet eine ganz spezielles Medium ist, das sich nur bedingt auf Verlagswesen übertragen läßt. Ebenso gilt dies für Produkte, die Unternehmen kaufen können. Das Internet bietet eben mehr als nur die Übertragung einer Print-Anzeige. Die Mechanismen des Internets funktionieren grundlegend anders, allen voran die Transparenz. Frau Zils weist auf die JobStats hin, meiner Meinung nach ein Tool, das jeder Personalmarketing-Verantwortliche zumindest mal gesehen haben sollte.