Einbruch der neu gemeldeten Stellen im April 2020 bei der Bundesagentur für Arbeit

 

Während sich der IT-Stellenmarkt aufgrund von Corona eher wenig verändert hat, sieht das Gesamtbild der aktiven Nachfrage nach Arbeitskräften (sprich: neu gemeldete Stellen bei der Bundesagentur für Arbeit) anders aus:

In einem aktuellen Bericht der BA zeigen die Statistiken, dass die Anzahl neuer Vakanzen um 52 Prozent im April im Vergeich zum Vormonat gesunken ist. Gegenüber dem Vorjahr sind dies saisonbereinigt sogar fast 59 Prozent.

Hier die Grafik:

Statistik der BA über Anzahl neu gemeldeter Stellen und Entwicklung zum Vormonat/-jahr in Anbetracht von Corona

Statistik der BA über Anzahl neu gemeldeter Stellen und Entwicklung zum Vormonat/-jahr in Anbetracht von Corona

 

Diese Zahlen waren für mich Anlass, der Sache bei den deutschen Jobbörsen auf den Grund zu gehen.

Ich wollte herausfinden,

  • ob Jobbörsen in Deutschland von diesem Phänomen gleichermaßen betroffen waren,
  • ob es Unterschiede gibt zwischen dem gemeldeten Stellen Angebot bei der BA und dem Job Posting Verhalten auf Online Jobbörsen
  • wie sich die Zahlen der veröffentlichten Stellenangebote zwischen direkten Arbeitgebern und Stellenvermittlern aufteilen
  • ob es zum vorherig genannten Punkt Unterschiede gibt
  • ob es Unterschiede in den Ausschreibungszahlen für so genannte “White Collar” und “Blue Collar” Jobs gibt

Zunächst werde ich kurz auf die Methodik, Auswahl der untersuchten Jobbörsen, das verwendete Auswertungstool und die eingestellten Parameter eingehen.

Anschließend werde ich die Grafik zur Stellenanzeigen Entwicklung auf deutschen Jobbörsen anbringen.

Daraufhin werde ich diese Entwicklungen exemplarisch an einer nicht namentlich genannten Jobbörse verdeutlichen und die Zahlen mit denen der IT-Fachkräfte Nachfrage in Relation setzen.

Zu guter Letzt lohnt sich auch ein Blick auf den Vergleich zwischen so genannten “Blue Collar” und “White Collar” Jobs, und wie sich diese Zahlen im Zeichen von Corona entwickeln, bevor ich den Beitrag mit einem Fazit abschließe.

 

In meiner aktuellen Umfrage untersuche ich übrigens genau diese Dinge mit Blick auf alle Jobportale (Jobbörsen und Jobsuchmaschinen).

Wer mitmacht, erhält die Ergebnisse kostenfrei zugesendet.

Hier geht’s zur Teilnahme:

An Jobportal Umfrage teilnehmen

 

Methodik, Auswahl der Jobbörsen, Untersuchungsparameter und Anmerkungen

 

Als Analysegrundlage habe ich die Daten von Textkernels Jobfeed herangezogen.

Wie bei der Auswertung der neu veröffentlichten IT-Stellen vor und nach der verhängten Ausgangssperre, habe ich den Untersuchungszeitraum zwischen Juli 2018 und Mai 2020 gewählt.

In Jobfeed habe ich für die Erhebung folgende Filter eingesetzt:

  • Ausbildungslevel: alle Abschlüsse
  • Arbeitsvertragsarten: unbefristete Festanstellung, befristete Festanstellung, Zeitarbeit, Auftragsarbeiten für Selbständige und Freelancer, Nebenjobs, Franchise
  • “Advertiser Type”: sowohl direkte Arbeitgeber als auch Personalvermittler
  • Stellenbörsen Auswahl: StepStone.de, stellenanzeigen.de, Jobware, Monster.de, Jobs.de, Kalaydo, meinestadt, Regio-Jobanzeiger, Yourfirm, ebay-Kleinanzeigen
  • Zeitraum: Juli 2018 bis einschließlich Mai 2020

Bei der Auswahl der Jobbörsen habe ich mich auf die zehn wichtigsten und größten Player am deutschen Markt konzentriert, ausgehend von vielen Jobfeed Auswertungen aus der Vergangenheit. Dabei habe ich mich bemüht, eine gute Mischung aus Generalisten und regionalen Anbietern zusammenzustellen. Mit dem Hinzufügen von ebay-Kleinanzeigen möchte ich das “Blue Collar” Segment abbilden.

Bei der Auswertung der Jobfeed Daten musste ich leider vermehrt feststellen, dass offensichtlich Daten von bestimmten Stellenbörsen über gewisse Zeiträume fehlten.

Das liegt meines Wissens daran, dass einige Player das Crawlen von fremden Bots aktiv unterdrücken – mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.

Daher kommt es gerade zu Beginn der Betrachtung zu einigen Schwankungen.

Die Jobbörsen Einzelauswertungen zeigen überdies, dass zum Beispiel das Anzeigenaufkommen bestimmter Anbieter vor, während und nach des Lockdown deutlich von anderen Mitbewerbern variiert: So spiegeln sich beispielsweise die aktuellen Markttrends bei manchen Jobbörsen überhaupt nicht wider, da die Zahl neu geschalteter Stellen plötzlich ansteigt, obwohl der generelle Trend nach unten ging.

Auch wenn ich denke, dass es zu Zeiten von Corona “Gewinner” und “Verlierer” gibt, halte ich es für unwahrscheinlich, dass eine Jobbörse vor Corona im Schnitt knapp 2.000 neue Stellen veröffentlichte und während des Lockdown mehr als 6.000.

Ich fürchte, dass es sich hier um einen Bug beim Jobfeed-Crawler handelt.

 

Grafik I: Stellenanzeigen Entwicklung auf 10 ausgewählten deutschen Jobbörsen vor und nach dem Covid-19 Lockdown & Kommentare

 

Grafik:

 

Entwicklung Anzahl neue Jobs auf den Top 10 Jobportalen vor und nach Covid-19 Lockdown und Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2018/19 Datenquelle: Jobfeed, Auswertung: Online-Recruiting.net (c)

Entwicklung Anzahl neue Jobs auf den Top 10 Jobportalen vor und nach Covid-19 Lockdown und Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2018/19
Datenquelle: Jobfeed, Auswertung: Online-Recruiting.net (c)

 

Kommentare:

 

Anders als bei der Auswertung der neuen Stellenangebote im Tech Bereich, sind bei den branchenübergreifenden neuen Stellenausschreibungen bereits abnehmende Zahlen ab Februar zu verzeichnen. Die BA-Statistik zeigt im Februar ebenfalls einen leichten Anstieg (wie bei den Tech Jobs), und spricht von einer “schwachen Konjunktur” im März 2020, verglichen mit dem Vorjahreswert.

Im April ist der Abwärtstrend für die Top 10 deutschen Jobbörsen noch drastischer als in der BA-Statistik: Ein Rückgang von neu geschalteten Jobs um knapp 56 Prozent wird zwischen März und April verzeichnet (bei der BA bereinigt 52%). Da auf den Jobbörsen bereits der Monat März um einiges schwächer als bei der BA war, müssen wir von einem Rückgang von knapp zwei Dritteln des neuen Stellenanzeigenaufgebots im Vergleich zu einem Monatsmittel zwischen Januar und Februar ausgehen.

Das ist für die Branche verheerend, und besonders für die kleineren Anbieter ist dieser Negativtrend vernichtend.

Das Volumen an neu geschalteten Anzeigen hat im Mai zwar zugenommen, befindet sich aber noch lange nicht auf dem vorherigen Niveau.

In der Grafik ist zudem deutlich zu erkennen, dass die Anzahl neu veröffentlichter Stellenangebote vor allem von der direkten Arbeitgeberseite verringert worden ist (s.o. Linie in orange). Die Einbrüche bei Personaldienstleistern zu Zeiten des Lockdown sind unverkennbar, und die Zahlen sind im Mai weniger stark angestiegen als bei den direkten Arbeitgebern. Die Zeit wird zeigen, wie sich dieser Trend entwickelt.

Eine Erklärung für den etwas geringeren Einbruch bei Anzeigen von Personalvermittlern (graue Linie in der Grafik oben) im März und April könnte sein, dass diese häufig Jobs für eine längere Zeitspanne ausschreiben, und dass damit das “neue” Anzeigenaufkommen durch ein erneutes Schalten (Refresh) der selben Anzeige entsteht. Möglicherweise ist das ein automatisierter Prozess, und die Anzeige wurde einfach erneut geschaltet oder man hat es versäumt, die Neuschaltung abzustellen.

 

Grafik II: Das neue Anzeigenaufkommen auf einer ausgewählten deutschen Jobbörse zwischen Juli 2018 und Mai 2020

 

Für die nachstehende Grafik habe ich eine Top 10 Jobbörse in Deutschland gewählt, für welche die Daten in Jobfeed üder die letzten Monate konsistent erscheinen. Den Namen der Jobbörse nenne ich bewusst nicht. Ich gehe davon aus, dass die Entwicklungen für viele weitere Jobbörsen sehr ähnlich sind, solange es sich um Generalisten handelt.

 

Entwicklung Anzahl neue Jobs auf einer Top 10 Jobbörse vor und nach Covid-19 Lockdown und Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2018/19 Datenquelle: Jobfeed

Entwicklung Anzahl neue Jobs auf einer Top 10 Jobbörse vor und nach Covid-19 Lockdown und Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2018/19
Datenquelle: Jobfeed, Auswertung: Online-Recruiting.net (c)

 

Grafik III: Zahlen zu Anzeigenaufkommen und Vergleich zwischen Tech-Stellen und allen anderen Berufen

 

In dieser Grafik habe ich das generelle Anzeigen-Schalt-Verhalten auf den ausgewählten Top 10 deutschen Jobbörsen in Relation zum Anzeigen-Posting-Verhalten von IT-Stellen auf Jobbörsen gesetzt.

Die Zahlen und Vergleiche werden etwas hinken, da natürlich die IT-Jobs ebenfalls in den generell geschalteten Jobs auf den Top 10 Jobbörsen enthalten sind.

Dennoch verdeutlicht die Grafik, dass die Coronakrise auf die Suche nach IT-Fachkräften wenig Auswirkung hatte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Anstieg der Nachfrage nach IT-Experten im Zuge der nun schneller vorangetriebenen Digitalisierung noch höher ausfallen wird.

 

Vergleich Anzeigenaufkommen für IT-Berufe und alle anderen Berufe, ANzeigenverhalten auf Jobbörsen

Vergleich Anzeigenaufkommen für IT-Berufe und alle anderen Berufe, Anzeigenverhalten auf Jobbörsen vor und nach dem Lockdown; Datenquelle: Jobfeed, Auswertung: Online-Recruiting.net (c)

 

Grafik IV: “Blue Collar” Jobs – massiver Einbruch während des Lockdown, noch keine Erholung in Sicht

 

Für diese Auswertung habe ich die Schaltdaten auf ebay-Kleinanzeigen herangezogen. Dort werden laut Jobfeed vor allem gewerbliche Jobs veröffentlicht. Für die Zeit vor, während und nach des Lockdown ergibt sich folgendes Bild:

 

Anzahl neu geschaltete Jobs auf ebay-Kleinanzeigen vor, während und nach des Lockdown - hier sind gewerbliche Jobs im Fokus. Datenquelle: Jobfeed, Auswertung: Online-Recruiting.net

Anzahl neu geschaltete Jobs auf ebay-Kleinanzeigen vor, während und nach des Lockdown – hier sind gewerbliche Jobs im Fokus. Datenquelle: Jobfeed, Auswertung: Online-Recruiting.net (c)

 

Diese Zahlen sind sehr beunruhigend, denn hier hat die Coronakrise einen Anzeigeneinbruch von über 950 Prozent verursacht.

Selbst im Mai haben sich diese Zahlen kaum erholt, was damit zusammenhängen könnte, dass noch nicht alles gewerblichen Arbeitnehmer zurück an ihre Arbeitsstätte können.

In diesen Zahlen sind ebenfalls Jobs in der Gastronomie, Hotellerie, der generellen Tourismusbranche sowie der Kultur– und Eventbranche enthalten.

Ein Desaster für Viele.

 

Fazit

 

Die Coronakrise trifft die (Online-) Recruiting Branche sehr hart. Viele Unternehmen halten sich noch mit Stellenausschreibungen zurück, solange niemand absehen kann, wie sich die Pandemie entwickelt. Erschwerend kommt gerade jetzt hinzu, dass die Sommerpause bald beginnt.

Ich denke, viele Firmen werden abwarten und beobachten, wie sich das Neu-Infektionsgeschehen über die Sommermonate verhält.

Die aktuellen Zahlen zu epidemischen Neuausbrüchen des Virus, nicht nur in Deutschland sondern auch international, mahnen zur Vorsicht und zu umsichtigem Verhalten – auch im Alltag. Das wird sich meiner Meinung nach bis in den späten Herbst ziehen, bis man mehr über eine eventuelle zweite Infektionswelle weiß.

Hoffen wir das Beste.

Jobportale und Dienstleister rund um das Jobportal-Geschehen, die ausschließlich von Stellenanzeigen Umsätzen leben, werden es schwerer haben als in der Subprime Krise von 2008/2009.

Wer jetzt weiter das Angebot an Arbeitgeber diversifiziert und damit die jetzigen Bedürfnisse der Unternehmen bedient und sich damit dem aktuellen Marktgeschehen anpasst, kann es schaffen.

In dem Interview, das Christoph Athanas vor kurzem mit mir zu Jobbörsen geführt hat, gehe ich auf einige der Entwicklungen und Trends ein, die ich im Zusammenhang mit der Coronakrise sehe.

Was plant Dein Jobportal, um Corona-krisensicher zu werden?

 

In meiner Jobportal Umfrage gehe ich genau diesen Fragen nach.

Wer mitmacht, erhält die Ergebnisse kostenfrei zugesendet.

Hier geht’s zur Teilnahme:

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Artikelbild von Gerd Altmann auf Pixabay