Da sind sie also wieder, die Amerikaner, die die europäischen Märkte aufmischen wollen. Vor fast einem Jahr habe ich über die USD 50 Mille schwere Finanzspritze an Glassdoor berichtet – man beachte auch hier vor allem den Investor Tiger Global, die Europa Erfahrung im Online Recruitingmarkt haben.

Zu dem Zeitpunkt war die Expansion Richtung Europa noch auf andere englischsprachige Länder fokussiert, und Glassdoor eröffnete ein Büro in London.

Während nicht nur ich, sondern auch andere Analysten auf Markteintritte in deutschsprachige Länder oder die Niederlande spekulierten, hat Glassdoor seine erste nicht-englischsprachige Seite in Frankreich gestartet.

glassdoor-europe-france-lauf_310Wieso denn bloß?
Ja, warum denn nicht!

Franzosen sind sehr viel und aktiv in Social Media unterwegs und geben gerne lang und breit ihre Meinung zu allen möglichen Themen ab.
Naja, vielleicht hat’s ja auch daran gelegen, dass man eher die Stelle eines französischen Country Managers besetzen konnte als mit einem deutschen, der unseren komplexen Markt

  1. einerseits versteht
  2. und andererseits in eben solchem Markt ein weiteres Employer Branding Benotungs-Gedöhns Ding gewinnbringend platzieren soll – und das neben Platzhirsch Burda / XING mit kununu im Gepäck. Wüsste zum Beispiel nicht, ob ich dazu Bock hätte.

Am 13.10.2014 launchte also der “Tripadvisor for Jobs”, wie Bob Hohmann seine Arbeitgeber Bewertungsplattform bei der HR Tech Europe bezeichnet hatte mit der URL Glassdoor.fr mit dem schönen Wortspiel (Franzosen sind unschlagbar darin, haben allerdings auch eine sehr dankbare Sprache dafür):

Découvrez la boîte. Décrochez le job

Was so viel bedeutet wie: Entdecke das Unternehmen (boîte = umgangssprachlich für “Unternehmen”) bzw. die “boîte” im Sinne von Box; also: die “Innereien” der Box / Verpackung des Unternehmens.
Décrochez le job = ergattern / kriegen / angeln Sie sich den Job.

Zum Start gibt es 15.000 Bewertungen – diese Zahl enthält auch anonyme Gehaltsangaben – und 3.000 Arbeitgeber sind vertreten (aktiv durch Anmeldung oder passiv, da eine Bewertung vorliegt). Die Hälfte der genannten Firmen haben ihren Hauptfirmensitz in Frankreich. Man merkt, dass hier auch viel aus den USA quasi importiert wurde.

15.000 Gesamtbewertungen sind im Vergleich zur Unternehmenslandschaft in Frankreich natürlich sehr wenig. Daher steht zunächst der Community Aufbau und die Präsenz in den Köpfen von Jobsuchenden im Vordergrund. Ein Angebot für Unternehmen, so Pierre Moreau, Produktmanager Frankreich, im Interview auf ExclusivRH (französisch), wird es schon bald geben.

Die Gehaltsangaben der Arbeitnehmer sind definitiv das Spannendste an der ganzen Geschichte und werden vielen Unternehmen ordentlich einheizen. Das ist auch einer der Hauptunterschiede zu kununu. Wieso gibt es da eigentlich keine Gehaltsbenchmarks?

Ansonsten aggregiert Glassdoor viele Jobs über Partner Jobbörsen – wobei das in Frankreich hauptsächlich die staatliche Jobbörse sowie einige Player, die ihre Anzeigen breiter streuen möchten, sein dürften. Die ganz großen Jobportale blockieren nämlich Spider konsequent.

Die aggregierten Jobs sind leider nicht immer auf dem aktuellen Stand, sodass so mancher Link ins Leere führt. Alles andere als optimal. Auch sind die Stellenbeschreibungen oftmals nur in minimalistischer Weise getextet und machen so überhaupt keine Lust, sich darauf zu bewerben.

Aber das ist das Problem, wenn man Jobs von minderweitigen Jobportalen einsammelt, und das Update-System noch nicht rund läuft.

Macht den Amis aber bestimmt kaum was aus: Immerhin ist das anvisierte Ziel, die größte und wichtigste Jobbörse in Frankreich zu werden!
Na dann: viel Spaß!

Ich bin sehr gespannt, wie die Franzosen Glassdoor annehmen und welche Medienkampagne demnächst über die Gesamtheit an Mattscheiben flimmert – da ist nämlich was geplant.
Die Sache ist auch die, dass jeder Neu-Registrieren-Wollende bei der Registrierung eine Bewertung abgeben muss…

Die von Pierre Moreau getroffene Aussage – und hier wüsste ich wirklich gerne, auf was für eine Studie er sich stützt – dass 70% der französischen Arbeitnehmer eine positive oder zumindest eine neutrale Meinung über ihre Arbeitgeber hätten, wage ich lautstark in Frage zu stellen.

Bild: Ryan McGuire – License BY 1.0