Talentakquise mittels Recruitment Content Marketing: die Stellenausschreibung nach Maslow

 

Kaum ein Recruiting-Mittel hat einen so schlechten Ruf wie die Stellenanzeige.

Selten gibt es jemanden, der sich darüber freut, wenn er oder sie eine Stellenausschreibung texten soll.

Fakt ist, dass das Verfassen von Stellenanzeigentexten auch heute noch ein sehr stiefmütterliches Dasein fristet: ein notwendiges Übel, ein Mittel zum Zweck, ein Zeitfresser

Dabei sind Stellenausschreibungstexte der Dreh- und Angelpunkt einer jeden Recruiting Kampagne.

Sie bilden mit die Basis für die Talentgewinnungsstrategie, denn in in den Texten findet sich alles, was es zur optimalen Kandidaten Ansprache braucht:

  • die Unternehmensbeschreibung
  • die Aufgabenstellung
  • das gesuchte Profil
  • Argumente für die Talentakquise (warum sollte der Kandidat bei uns arbeiten?)
  • Platz für weitere Informationen, die wichtig für das zu interessierende Talent sind

Die Stellenanzeige, so habe ich es stets in meinen Inbound Recruitment Marketing Workshops formuliert, ist ein idealer Inhalt, den HR Marketing Experten in ihren diversen On- und Offline Kanälen verbreiten können.

Darüber hinaus haben HR Marketer seit dem offiziellen Start von Google for Jobs die Möglichkeit, ihre Stellenanzeigentexte strukturiert aufzubereiten, um dadurch zum Beispiel den Traffic auf die eigene Karriereseite zu erhöhen. Einmal auf der Karriereseite gelandet, sollten Sie den Besuchern weiteren, spezifischen Recruiting Content bieten, um die für Sie richtigen Talente nach diesem Schema in Ihren engeren Recruiting-“Dunstkreis” einzuladen.

Kürzlich las ich einen sehr guten Artikel bei Workable, in dem Matt Buckland das Stellenanzeigentexten von der Seite der Maslowschen Bedürfnispyramide beziehungsweise -hierarchie betrachtet und wertvolle Tipps gibt.

Auf seine Tipps werde ich in diesem Beitrag eingehen, werde sie, wo passend, auf unsere Kultur ausrichten und einige Punkte ergänzen, die ich für relevant und erwähnenswert halte.

 

Definition: die Maslowsche Bedürfnishierarchie

 

Laut Wikipedia:

Die Maslowsche Bedürfnishierarchie, bekannt als Bedürfnispyramide, ist ein sozialpsychologisches Modell des US-amerikanischen Psychologen Abraham Maslow (1908–1970). Es beschreibt auf vereinfachende Art und Weise menschliche Bedürfnisse und Motivationen (in einer hierarchischen Struktur) und versucht, diese zu erklären.

Die Idee ist, dass sich der Mensch in Stufen entwickelt und sich immer stärker selbst verwirklicht, je besser bestimmte (Grund-) Bedürfnisse befriedigt werden.

Vereinfacht ausgedrückt, und mit der weltberühmten “Bedürfnispyramide” dargestellt, sieht die Hierarchie so aus:

 

Von PNG by Philipp Guttmann, SVG by Jüppsche - http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Maslowsche_Bed%C3%BCrfnispyramide.png, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=19910758

Von PNG by Philipp Guttmann, SVG by Jüppsche – Gemeinfrei

 

Die Bedürfnispyramide der Jobsuchenden (via Workable)

 

Im oben genannten Beitrag bei Workable wurde die Pyramide auf die Bedürfnisse von Kandidaten umgeschrieben.

So sehen demnach die Talent Bedürfnisse aus, die Unternehmen beim Verfassen von Stellenanzeigen adressieren sollten, um für die Richtigen attraktiv zu sein:

Die Bedürfnisse eines Jobsuchenden nach WOrkable / Maslow

Die Bedürfnisse eines Jobsuchenden nach Workable / Maslow

Sehen wir uns die fünf Punkte genauer an, um auf die Bedürfnisse der Jobsuchenden näher eingehen zu können.

Dabei werde ich auch Möglichkeiten und Beispiele nennen, wie Unternehmen diese konkret ansprechen und für ihre Stellenanzeigen aufgreifen können.

1. Physiologische Bedürfnisse – Finanzielles und mehr

 

Die physiologischen Bedürfnisse eines Menschen sind die Grundbedürfnisse, um sein Leben zu erhalten.

Dazu gehören unter anderem Atmung, Schlaf, Wasser und Nahrung.

Matt Buckland von Workable bezieht die physiologischen Bedürfnisse, also den Erhalt des Lebens, auf die finanzielle Lage des Jobsuchenden. Sprich: das Gehalt.

Im Groben bin ich mit dieser Interpretation einverstanden, wobei sich hier immer wieder die Frage stellt, ob es generell sinnvoll ist, eine Gehaltsspanne zu nennen. Google for Jobs beziehungsweise das Job Posting Schema an strukturierten Daten fordern diese Information, um Stellenanzeigen besser ranken zu lassen. Auch ist verständlich, dass sich durch die Angabe bestimmte Kandidaten auf “natürliche” Weise vorselektieren lassen, weil sie sich erst gar nicht bewerben, wenn die Zahl nicht ihren Vorstellungen entspricht.

Jedoch finde ich, dass die Nennung einer reinen Zahl nicht unbedingt dem gewünschten Zweck dient. Möglicherweise bietet das Unternehmen andere Benefits oder soziale Leistungen oder hat eben einfach Anderes anzupreisen als eine hohe Einkommenszahl.

Ich denke zum Beispiel an die anderen, oben genannten Grundbedürfnisse wie Schlaf, Wasser, Nahrung: So ist es heute für viele Menschen wichtig, dass sie kurze Anfahrtswege zum Arbeitsplatz haben oder auf Achsen unterwegs sind, die nicht ständig mit Autos vollgestopft sind. Dann profitieren sie beispielsweise von mehr Schlaf, haben weniger Stress und damit eine bessere Atmung.

Vielleicht liegt Ihr Unternehmen ja nicht in einer super-sexy Riesen-Metropole wie Berlin, Köln, München oder Hamburg, aber dafür sind die Mitarbeiter morgens ausgeruhter?

Schreiben Sie das in Ihre Anzeigen mit hinein, wenn dies zutrifft.

2. Sicherheitsbedürfnisse – Stabilität des Arbeitgebers und Arbeitsplatzes, Benefits und Co.

 

Nach Maslow gilt, dass sich Menschen um die nächsthöheren Bedürfnisse kümmern, sobald die Grundbedürfnisse “relativ gut” befriedigt sind.

Dazu gehören zum Beispiel körperliche und seelische Sicherheit, Stabilität, materielle Grundsicherung, Arbeit, Wohnung, Familie.

Um diese Bedürfnisse bei anvisierten Talenten zu sichern, ist es ratsam, in Stellenanzeigen zu nennen, wie es finanziell um das Unternehmen steht:

  • handelt es sich um ein alteingesessenes Familienunternehmen?
  • um ein schnell wachsendes Startup mit hoch abgeschlossenen Finanzierungsrunden?
  • um einen internationalen Riesenkonzern?

Was kann dem Bewerber versichern, dass sein Arbeitsplatz auch noch in den kommenden Monaten vorhanden ist?

Oder handelt es sich bei der Talent Zielgruppe um Menschen, die nicht nach dieser Art von Jobsicherheit streben?

Wenn es um ein befristetes Anstellungsverhältnis geht, kann ich dem potenziellen Kandidaten andere Dinge zusprechen (Möglichkeit auf längerfristigen Vertrag, gute Referenz, Weiterbildung,…)?

Wie sieht es aus mit weiteren Benefits, vielleicht einen 13. oder gar 14. Monat Gehalt, Zusatzversicherungen, Rente, Extra-Urlaub,…?

3. Soziale Bedürfnisse – Team, Unternehmenskultur

 

Wenn wir uns gesund und sicher fühlen, sehnen wir uns nach Gemeinschaft. “Sozialer Anschluss”, wie Maslow es betitelt, oder auch Gruppenzugehörigkeit, also Freundeskreis, Familie, Kollegen.

Im Arbeitsumfeld sind dies die Kollegen, das Team, aber auch die Unternehmenskultur im weiteren Sinne.

Schreiben Sie in Ihre Stellenanzeige hinein, wer die neuen Team-Kollegen des Kandidaten sein werden. Vielleicht haben Sie einen “Star” in Ihren Reihen, oder ehemalige Unternehmensvertreter aus Firmen, die auf Ihre Zielgruppe Einfluss ausüben.

Vielleicht binden Sie ein kurzes Video vom “Dream-Team” in Action ein, in dem sich die Mitglieder kurz präsentieren.

Transportieren Sie Ihre Firmenkultur in der Bild-, Ton- und Wortwahl mit.

4. Individualbedürfnisse: Wertschätzung, die eigene Rolle im Team und im Unternehmen, Sinnhaftigkeit der Arbeit

 

Die Sinnhaftigkeit der Arbeit steht heute mehr denn je im Vordergrund.

Arbeitnehmer möchten wissen, warum sie dies oder jenes in ihrem Job tun. Sie möchten wissen, wie die Wertschöpfung ihrer Arbeit im Kontext des Unternehmenserfolges aussieht.

Schreiben Sie in Ihre Stellenanzeigen hinein, welchen konkreten Wert und Beitrag am Unternehmens- und Teamerfolg Ihr neues Team-Mitglied beisteuern wird.

Erkennen Sie sein einzigartiges Talent an, und beschreiben Sie seine / ihre Aufgaben mit genau diesem Gedanken im Hinterkopf!

5. Selbstverwirklichung – mein persönlicher Benefit, wenn ich in diesem Unternehmen arbeite

 

Selbstverwirklichung, Arbeit tun, die man “wirklich, wirklich will” (Definition von New Work).

Ja, Sie haben es bemerkt, wir sind im Heute angekommen!

Viele behaupten, dass es die neuen, “jungen” Generationen sind, die vermehrt auf ihre Selbstverwirklichung blicken, wenn sie sich irgendwo bewerben.

Aber mal Hand aufs Herz: Die meisten Menschen möchten heute nicht nur einen Job tun, um ihre Grund- und Sicherheitsbedürfnisse zu befriedigen, sie möchten einer sinnstiftenden Arbeit nachgehen und verfolgen dabei auch persönliche Ziele.

Je nach Stellenangebot und Unternehmen können die passenden Talente ihre unterschiedlichen persönlichen Ziele zur Selbstverwirklichung erreichen.

Was können Sie also den gesuchten Kandidaten an Selbstverwirklichungspotenzial bieten? Welche Ziele könnten Ihre anvisierten Talente verfolgen?

Welche Weiterbildungsformate gibt es? Aufstiegsmöglichkeiten, eventuell sind je nach Bewerber auch flache Hierarchien interessant, ein agiles Arbeitsumfeld, das im ganzen Unternehmen gelebt wird? Gibt es Freizeit- oder Sportangebote? Regelmäßiges Feedback oder Mentoren Programme?

Ich bin mir sicher, dass es sehr viel Potenzial für jeden Mitarbeiter in jedem Unternehmen gibt.

Fazit: Kandidaten Persona

 

Nehmen Sie sich etwas Zeit in Ruhe und machen Sie eine Liste zu all den oben angesprochenen Punkten. Gehen Sie zunächst vom generellen Unternehmen aus, bevor Sie sich mit den einzelnen Teams, Abteilungen, Aufgaben, Leistungen, etc. auseinandersetzen.

Gestalten Sie anschließend eine Kandidaten Persona für ein häufig gesuchtes oder aktuell anstehendes Bewerberprofil.

Texten Sie Ihre Stellenanzeigen entsprechend, und nehmen Sie die wichtigsten Ankerpunkte in ihre Kommunikation und Ansprache von potenziellen Talenten auf.

Das klingt und ist eine Menge Arbeit, aber glauben Sie mir: Wenn Sie das einige Male durchexerziert haben, kennen Sie die Stärken und Schwächen Ihres Unternehmens und können diese gekonnt in Ihre Gespräche einfließen lassen.

Übung macht den Meister, und bei hart umkämpften Talenten werden Sie Ihre Asse profimäßig aus dem Ärmel ziehen.

Viel Erfolg!

Möchten Sie mir Ihre Erfahrungen damit mitteilen? Oder suchen Sie nach Ideen und Anregungen?

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